Krisenüberwindung  |  10 Min Lesezeit

Gründe für eine Insolvenzeröffnung

Verfasst von Georgios Chalos
Bewerten Sie mit unserer 30 Punkte Checkliste, in welchem Krisenstadium Sie sin
Krisenüberwindung  |  10 Min Lesezeit

Gründe für eine Insolvenzeröffnung

Verfasst von Georgios Chalos
Bewerten Sie mit unserer 30 Punkte Checkliste, in welchem Krisenstadium Sie sind.
Die Insolvenz des eigenen Unternehmens ist für viele Unternehmer das schlimmste Szenario, was passieren kann. Das Scheitern hat in Deutschland einen schlechten Ruf. In den USA wird das Scheitern als ein Bestandteil des Wegs zum Erfolgs betrachtet.

Eine Insolvenz könnte bei den meisten Unternehmen vermieden werden, wenn eine Krise frühzeitig erkannt und Maßnahmen zur Überwindung umgesetzt werden. 


Im folgenden Beitrag werden die Gründe für eine Insolvenzeröffnung vorgestellt. Ich halte es für absolut notwendig, dass Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, die Gründe kennen und einordnen können.

Die Insolvenzgründe

Die Insolvenzantragspflicht ist in der Insolvenzordnung geregelt und unterscheidet drei Insolvenzgründe:
  • Die Zahlungsunfähigkeit
  • Die Überschuldung
  • ​Die drohende Überschuldung 

1. Die Zahlungsunfähigkeit

Ein Unternehmen ist zahlungsunfähig, wenn es nicht mehr in der Lage ist seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn das Unternehmen seine Zahlungen eingestellt hat.

Eine Ausnahme ist die Zahlungsstockung. Diese liegt vor, wenn innerhalb von 3 Wochen die finanziellen Mittel zur Zahlung der Schulden beschafft werden können. Beträgt innerhalb dieser 3 Wochen die Liquiditätslücke weniger als 10%, dann kann von einer Zahlungsfähigkeit ausgegangen werden. Hat ein Unternehmen beispielsweise 10.000 € Schulden und kann nur 9.500 € zurückzahlen, dann entspricht das einer Lücke von 5%. Somit wäre das Unternehmen zahlungsfähig.

Beträgt die Liquiditätslücke 10% oder mehr, so ist das Unternehmen zahlungsunfähig. Ausnahme ist, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden kann.

Die Prüfung der Zahlungsunfähigkeit wird in 2 Stufen durchgeführt.

1.1. Prüfung der Zahlungsunfähigkeit 

Ist das Ergebnis der Zeitpunktbetrachtung eine Unterdeckung, dann muss die 2 Stufe der Prüfung durchgeführt werden. In dieser werden die erwarteten Einzahlungen und Auszahlungen für die nächsten 3 Wochen in die Rechnung mit einbezogen. Das Ergebnis kann eine Überdeckung (mehr Geld vorhanden) oder Unterdeckung (weniger Geld vorhanden) sein. Sollte das Ergebnis eine Unterdeckung sein, wird in der nächsten 3 Stufe die relative Liquiditätslücke ermittelt.
Bei der relativen Liquiditätslücke wird geprüft, wie groß die Liquiditätslücke ist. Ist sie größer oder gleich 10% der fälligen Verbindlichkeiten, dann ist das Unternehmen zahlungsunfähig. Ist Sie kleiner als 10%, geht man von Zahlungsstockung aus. Ausnahme ist, wenn die Lücke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden kann.

Das Problem bei der prozentualen Liquiditätslücke ist, dass sie zu schwer nachvollziehbaren Ergebnissen führen kann. 

Beispiel: Ein Unternehmen hat Finanzmittel in Höhe von 10.000 €, dem fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 10.001 € gegenüberstehen. Wird der verfügbare Finanzmittelbestand zu Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten verwendet, bleiben 1€ Verbindlichkeiten und 0€ finanzielle Mittel übrig. Daraus ergibt sich rechnerisch eine Unterdeckung von 100%.

1.2. Praktische Probleme bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit

Bei der Umsetzung der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit entstehen aus meiner Erfahrung die nachfolgenden Probleme:
  • Festlegung des Stichtags der Prüfung
  • ​Häufigkeit der Prüfung (täglich, wöchentlich, monatlich?)
  • ​Dir richtige Ermittlung der Verbindlichkeiten zum Stichtag (Vollständigkeit, strittige Verbindlichkeiten)
  • ​Werthaltigkeit der Forderungen 
Ich empfehle Unternehmen, mindestens wöchentlich eine Liquiditätsplanung durchzuführen und parallel dazu eine langfristige integrierte Planung umzusetzen. Eine integrierte Planung umfasst eine Kapitalfluss-, Gewinn und Verlustrechnung sowie die Erstellung einer Bilanz.

2. Überschuldung

Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Unternehmens die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Ausnahme ist, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.

Für den Nachweis einer Fortführung wird eine integrierte Unternehmensplanung für das laufende und folgende Geschäftsjahr erstellt.

Eine positive Fortbestehensprognose liegt vor, wenn plausibel nachgewiesen werden kann, dass das finanzielle Gleichgewicht im Prognosezeitraum gewahrt ist (d.h. Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit ist wahrscheinlicher als der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit).

Eine negative Fortbestehensprognose liegt vor, wenn sich aus der integrierten Unternehmensplanung eine finanzielle Unterdeckung ergibt (d.h. der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist wahrscheinlicher als die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit).

Bei negativer Fortbestehensprognose ist eine Überschuldungsbilanz zu erstellen. Grundlage für die Erstellung ist der letzte verfügbare Zwischen- oder Jahresabschluss. In der Bilanz sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände und alle bestehenden Verpflichtungen des Unternehmens zu berücksichtigen. Zudem sind alle Aufwendungen im Zusammenhang mit der Liquidation des Unternehmens (sog. Auslaufkosten) zu berücksichtigen. Die Bewertung der Vermögens und Schuldposten erfolgt zu Liquidationswerten. Ein Unternehmen ist überschuldet, wenn das Vermögen kleiner ist als die Schulden des Unternehmens.

3. Drohende Zahlungsunfähigkeit

Ein Unternehmen droht zahlungsunfähig zu werden, wenn es voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu begleichen. Die drohende Zahlungsunfähigkeit kann nur vom Unternehmen selbst angemeldet werden.

Die Ermittlung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist anhand einer integrierten Unternehmensplanung zu bestimmen. Eine integrierte Unternehmensplanung besteht aus einer Plan-Gewinn- und Verlustrechnung, einer Plan-Bilanz und einer Plan Kapitalflussrechnung. Als Prognosezeitraum ist grundsätzlich das laufende und folgende Geschäftsjahr zu berücksichtigen.

Wenn aus der integrierten Unternehmensplanung ersichtlich wird, dass die voraussichtlich im Prognosezeitraum zur Verfügung stehenden Maßnahmen nicht zur Erfüllung der fällig werdenden Zahlungspflichten ausreichen und die finanzielle Unterdeckung nicht mit Maßnahmen zur Kapitelbeschaffung beseitigt werden, ist das Unternehmen drohend zahlungsunfähig.

Im Unterschied zur Zahlungsunfähigkeit, ist das Unternehmen noch nicht eindeutig zahlungsunfähig. Die Drohende Zahlungsunfähigkeit wurde eingeführt, um Unternehmen frühzeitig die Möglichkeit einer Sanierung zu geben. 

4. Fazit

Eine Insolvenzsituation entwickelt sich nicht von heute auf morgen. Es gibt Krisenphasen, die in der Regel nacheinander ablaufen. In meinem Beitrag „Die Phasen einer Unternehmenskrise“ habe ich erklärt, welche Phasen es gibt und wie die Phasen erkannt werden. Wenn Unternehmen frühzeitig eine Krise erkennen und handeln, dann haben Sie eine große Chance diese schnell zu überwinden.

Sollten Sie mit Ihrem Unternehmen bereits in einer kritischen Krisenphase sein, dann müssen Sie überprüfen lassen, ob einer der oben beschriebenen Insolvenzgründe bei Ihnen vorliegt. Allein schon aus haftungsrechtlichen Gründen empfehle ich das dringend. Holen Sie sich dafür einen fachkundigen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer, der eine Überprüfung durchführt.

Eine Insolvenz muss nicht immer das Ende eines Unternehmens sein. Eine Insolvenz ist als Sanierungsinstrument zu verstehen. Mit einem guten Sanierungsplan und einer zukunftsfähigen Strategie bestehen gute Chancen, dass das Unternehmen weitergeführt werden kann.
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